Special: Egoshooter - ein geschichtlicher Überblick

In diesem Special geben wir euch einen kleinen, geschichtlichen Überblick über das kontroverseste Genre der Spieleindustrie - dem Egoshooter. 

Die ersten Schritte

1972 gilt als das Pinoierjahr der Videospielindustrie. Magnavox brachte mit dem Odyssey die erste Heimkonsole in die Geschäfte und Nolan Bushnell gründete Atari und stellte seinen ersten "Pong"-Automaten in einer Kneipe auf. Zur selben Zeit wurde der Grundstein zum Genre des Egoshooters gelgegt - und zwar von 3 Studenten, die zufällig neues Terrain betraten. 

Steve Colley entwarf während seines Praktikums bei der NASA Maze War, 
ein dreidimensionales Labyrinth auf dem Minicomputer Imlac PDS-1. Der Spieler bewegte sich Schritt für Schritt per Tastatur durch das Labyrinth und konnte per Druck auf die Leertaste einen Schuss abfeuern. 

Natürlich wurde das einsame navigieren durch das 16x16 große Spielfeld auf Dauer etwas langweilig, also entschieden sich Colley und seine Mitstudenten Greg Thompson und Howard Palmer dazu, zwei Imlacs zu verbinden und sich gegenseitig durch das Labyrinth zu jagen.

Im März 1974 erblickte dann das erste Multiplayer-Online-Game (MOG) das Licht der Welt. Die University of Illinois at Urbana Champaign entwickelte das Spiel Spasim (kurz für Space simulation), den ersten First-Person-Shooter, der über das Universitätsnetzwerk PLATO mit bis zu 32 Mann gleichzeitig gespielt werden konnte.

Maze War in seiner grünen Pracht. 

Die goldenen Neunziger

Der  "moderne" Egoshooter wie wir ihn heute kennen, kam 1992 mit Castle Wolfenstein 3D  von ID Software auf den Markt. Die Naziballerei auf dem PC fand ein großes Publikum und erwies sich als echter Kassenschlager (durch den exzessiven Einsatz von Nazisymbolik landete der Titel 1994 in Deutschland auf den Index).

Die Labyrinthe in Schloss Wolfenstein wurden mittels Raycasting (Renderverfahren)  dreidimensional simuliert  und die Gegner bestanden nicht aus Polygonen, sondern aus Sprites, die der Entfernung entsprechend größer oder kleiner wurden. 

Der Feldzug gegen die Nazis landete schnell auf den Index.

An diesen Erfolg anknüpfend veröffentlichte ID Software 1993 Doom, sowie 1994 Doom II, die beide aufgrund ihrer Gewaltdarstellung ebenfalls in Deutschland indiziert worden sind. Microsoft Vater Bill Gates war damals derart von Doom begeistert, das er in einer aufwändigen Werbung für das Windows 95 System in einer Videopräsentation Werbung für das Spiel machte. Dem folgte desweiteren Duke Nukem 3D (1996) und Quake (1996), das als erster Shooter seine Gegner in schicker Polygon-Optik darstellte, anstatt in einfachen 2D Sprites.

Für die nächste große Weiterentwicklung sorgte Valve im Jahre 1998. Half-Life gewann mit seinem in diesem Genre bisher nicht da gewesenen cineastischen Aufbau und seiner exzellenten Technik über 50 "Game of the year" Awards und wurde zum Vorzeigekind der Shooterkultur.

Half-Life setzte den Standard für viele weitere Shooter.

Shooter im Kreuzfeuer


First Person Shooter entwickelten sich auch im Laufe des 21. Jahrhunderts immer weiter. Titel wie Counterstrike oder Medal of Honor brachten den virtuellen Krieg ins Wohnzimmer und Halo ließ Shooter in Sci Fi Szenarios auf einen neuen Level steigen. Die realistische, detailgenaue Darstellung von Kampfszenarien erreichte stetig neue Höhepunkte - und geriet 2002 ins Kreuzfeuer der Medien. 


Der erste, von einem Schüler verübte Amoklauf in Deutschland fand am 26.April 2002 statt und forderte 17 Todesopfer. Ein Wort, das zuvor überwiegend für reale Schießspiele wie Paintball oder Laser Tag verwendet wurde, fand seinen Weg in die Berichterstattungen von Funk, Fernsehen und Zeitung: das Killerspiel. Egoshooter waren eine beliebte Freizeitaktivität des Amokläufers Robert Steinhäuser und stellten eine optimale Angriffsfläche für die Medien dar, die nach einem Motiv suchten. Besonders der Online Shooter Counter Strike (der wie sich später heraus stellte, gar nicht von Steinhäuser gespielt wurde) geriet vor allem aufgrund seiner großen Popularität in die Diskussion. Die damalige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften bearbeitete einen Indizierungsantrag zum Spiel, der sich allerdings nicht durchsetzen konnte. 


Allerdings erhielt das Jugendschutzgesetz im Jahre 2003 eine deutliche Verschärfung: "Computerspiele müssen mit einer Altersfreigabekennzeichnung versehen werden. Sie dürfen nur an Kinder und Jugendliche verkauft werden, die das entsprechende Alter haben. Die Klassifizierung soll vor nicht altersgerechten Spielen schützen und muss deutlich sichtbar auf der Verpackung zu sehen sein. Die Prüfung der Altersbeschränkung übernimmt die "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)" - eine industrienahe Einrichtung". 

Killerspiele waren auch ein schneller Mitverantwortlicher für nachfolgende Bluttaten an Schulen, wie der Amoklauf von Emstedden am 20. November 2006 oder dem Amoklauf von Winnenden am 11. März 2009. 

Eine genaue Definition des Wortes Killerspiel ist mittlerweile in mehreren Gesetzestexten und Anträgen verzeichnet, wie zum Beispiel im Gesetzesantrag des Freistaates Bayern vom 2. Februar 2007: 

"Spielprogramme, die grausame oder unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen darstellen und dem Spieler die Beteiligung an dargestellten Gewalttätigkeiten solcher Art ermöglichen. Darüber hinaus sind auch reale Gewaltspiele zu verbieten, die geeignet sind, Mitspieler in ihrer Menschenwürde herabzusetzen".

Ob Egoshooter die menschliche Psyche negativ beeinflussen könne, ist nie offiziell bewiesen worden. Studien der Electronic Sports League belegen allerdings, das der Motivationsfaktor dieser Spiele nicht etwa im Gewaltgrad liegt, sondern in dem taktischen Kräftemessen, in dem es um schnelle Auffassungsgabe, Reaktion und Genauigkeit geht. 

Quellen: wikipedia.de/heise.de/ich-spiel-killerspiele.de