Mittwoch, 31. Oktober 2012

Spotlight: Dishonored

Ein neues Schleichspiel mit einem vom Schicksal gebeutelten Assassinen, der durch Wände sehen, teleportieren und Rattenfänger von Hameln spielen kann? Willkommen bei Dishonored!



Zur falschen Zeit am falschen Ort

Die Geschichte des Spiels beginnt mit einem riesigen Missverständnis.
Corvo Attano, hoch geschätzte Leibwache der Kaiserin, kehrt nach kurzer Abwesenheit in den Dienst zurück und wird prompt in einem furchtbaren Mord inklusive Entführung verwickelt.
Eine Schattenhafte Gestalt taucht wie aus dem Nichts hinter dem Rücken der Kaiserin auf und sticht das Oberhaupt Dunwalls nieder (Kaiser Uriel Septims Leben wurde in Oblivion ähnlich ausgehaucht). Corvo muss hilflos mit anschauen, wie die Frau die er beschützen sollte ihren letzten Atemzug macht und ihre ebenfalls anwesende kleine Tochter von den Schattenmännern entführt wird.
Der kurze Gefechtslärm hat die Schlosswachen aufgescheucht, die Corvo neben der toten Kaiserin finden - aufgrund der zunächst erdrückenden Beweislage wird der ehemalige Leibwächter in das Gefängnis von Dunwall geschleppt, um dort seine Hinrichtung zu erwarten.

Es gilt, die kleine Emily zu retten

Duck and Cover

Wie es das Schicksal so will, findet Corvo den Schlüssel zu seiner Zelle im Henkersmahl: ein "guter Freund" möchte, das die Leibwache um jeden Preis überlebt. So beginnt unsere erste Mission mit einem Ausbruch aus dem Kittchen, bei der auch gleich eine wichtige Entscheidung getroffen wird - schleichen wir uns elegant an den Knastwärtern vorbei oder gehen auf einen blutigen Kriegszug? Auch auf dem "normalen" Schwierigkeitsgrad erfordert der offensive Weg viel Mühe und Kraft,
da gleich SÄMTLICHE WACHEN im Areal alamiert werden und wütend auf uns zustürmen. Die deutlisch schlauere Methode bietet das systematische ausschalten und umgehen der unliebsamen Genossen.

Schleichen wir uns an einen nichts ahnenden Schergen heran, können wir ihn entweder "sanft" schlafen legen, oder mit tödlicher Präzision ins Jenseits schicken. Hierbei zeigt sich gleich eine der vielen Rafinessen des Gameplays: noch während Corvo sein Opfer Niederstreckt, können wir per Druck auf die Viereck-Taste befehligen, das er den schlaffen Körper nach der Tat sofort über die Schulter schmeisst, damit wir ihn Sichtschützend verstecken können. Somit entfällt das ärgerliche warten bis der Gegner endlich den Boden trifft und erlaubt eine schnelle Abwicklung. Die ist auch bitter nötig, denn die Wachen verweilen nicht lang an einer Stelle und bestrafen uberstürztes Handeln mit gezückten Schwertern. Die Gegner mögen zwar wachsam sein, blieben aber auch nicht von kleinen KI Patzern verschont. Sollten sie Corvo entdecken, genügt in der Regel schnelles weglaufen, um sie abzuschütteln. Zudem ist die Toleranzgrenze, bis sie die Verfolgung aufnehmen recht großzügig, verstecken wir uns bald genug, lassen sie mit einem "war wohl nur der Wind" wieder ab. Das öffnen und schließen von Türen wird außerdem komplett ignoriert. Versuchen wir, die Wache mit einer Flasche oder ähnlichem von ihrer Position zu locken, wird das Geräusch zerplatzenden Glases manchmal einfach überhört oder der aufgeschreckte Scherge dreht nach zwei Schritten sofort wieder um - so kann ein ausgeklügelter, gut getimter Plan manchmal ins Wasser fallen.
Probleme entstehen immer dann, wenn sie ihre Freunde alamieren und plötzlich jede Wache Dunwalls hinter uns her ist - und das kann schneller geschehen, als uns lieb ist.


Gegner variieren von gewitzt zu Strohdoof

Mordlust

Nach unserem spektakulärem Gefängnisausbruch (bei dem eine Bombe im Spiel war) enthüllen wir die wahre Identität unseres "Freundes". Mit einem Boot gelangen wir direkt in das Rattenverseuchte Dunwall, in der sich eine kleine Gruppe hartnäckiger Rebellen aufhält. Mit Corvos Hilfe möchten sie die Drahtzieher der Kaiserermordung zur Strecke bringen und die entführte Thronfolgerin Emily aufspüren.

Und hier beginnt das Assassinenabenteuer der Tausend Möglichkeiten. In den insgesamt neun Hauptmissionen werden uns Zielpersonen zugeteilt, die es zu eliminieren gilt. Wie wir dabei vorgehen, bleibt ganz uns überlassen. Corvos Waffenarsenal ist hübsch anzusehen. Mit der rechten Hand bedienen wir die Assassinenklinge, die für effektiven Meuchelmord und flinken Nahkampf gleichermaßen zu gebrauchen ist. In der linken Hand können weitere Totmacher flexibel per Radmenü ausgewählt werden. Die Handfeuerwaffe macht Krach und hat Durchschlag, der Abzug sollte nur in größter Not betätigt werden. Corvos Armbrust wäre die subtilere Art des Fernkampfes. Bestückt mit Todbringenden oder Betäubenden Bolzen lassen sich patrouillierende Wachen bequem abknallen. Wer die Welt einfach brennen sehen will, lädt seine Armbrust mit explosiven Überraschungen. Ein wahres Schmankerl ist aber die Runenmagie, die der Assassine im Laufe der Geschichte erhält. In feinster RPG Manier sammeln wir Artefakte ein, die in ganz Dunwall verstreut liegen und eignen uns zahlreiche, praktische Eigenschaften an. So kann Corvo schon bald durch Wände sehen, weite Distanzen per Teleport überbrücken oder anhängliche Wachleute mit einem mächtigen Windstoß über den Asphalt befördern.

Diese ganzen Auswahlmöglichkeiten machen das schleichen und morden vielfältig und kreativ. Es stehen immer mehrere Wege offen, das Ziel zu erreichen, das Spiel schreibt uns keine bestimmte Vorhergehensweise vor (wir bekommen nur gelegentlich Tips von NPCs zugesteckt). Freiheit ist in Dishonored ein wichtiger Bestandteil.

Gleich zwei Meuchelinstrumente stehen uns gleichzeitig zur Verfügung

Deprimierend schön

So interessant das Gameplay auch sein mag, in Sachen Atmosphäre und Stil hat man sich hier selbst übertroffen. Fangen wir doch beim Schauplatz an: Dunwall. Die Hafenstadt wird von einer grausamen Rattenplage heimgesucht, die Krankheit und Tod verbreitet. Selbst die Kaiserin konnte zu Lebzeiten der Situation nicht Herr werden. In den Reihen der Obrigkeit herrscht Korruption und das verängstigte Volk wird unterdrückt und erniedrigt. In den Gassen tummeln sich üble Schläger, Banditen und verrückt gewordene, an Wänden prangern geschmierte Parolen. Der Steampunk wird vom Aussehen der Stadt bis hin zum Kleidungsstil konsequent eingesetzt wird. Und auch die Geschichte ist tiefgründiger und interessanter, als sie auf dem ersten Blick vermuten lässt.

Jede Mission beginnt mit einer stimmigen Bootsfahrt

Fazit

Das Schleichgenre mag zwar nichts neues mehr sein, aber Dishonored bringt trotzdem frischen Wind in die Spieleindustrie. Dafür sind maßgeblich die zahlreichen Möglichkeiten der Spielweise, das teilweise fordernde Gameplay und der ungewöhnliche Stil verantwortlich. Wer vor klassischen Stealth Spielen nicht zurückschreckt und der gelegentlich etwas Strohköpfigen KI vergeben kann bekommt ein innovatives, interessantes Abenteuer mit einer großzügigen Spielzeit von etwa 20 Stunden.



1 Kommentar:

  1. Da mir zum Review nichts einfällt (Dishonored interessiert mich einfach nicht, vielleicht da ich sowieso keine Zeit dafür haben würde), ich aber auch nicht meine Kommentar-Serie abbrechen will:

    Übrigens, der PixelVertex-Twitter-Kasten funktioniert nicht mehr :)

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